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Veröffentlicht am: 2023-03-30Maik Kassel

Die Schwäche der Vel und meine Muskelkrankheit

In meinem Debütroman "Jenseits der Dächer" habe ich viel von meinem eigenen Leben verarbeitet. Mit fünfzehn Jahren wurde bei mir die seltene Muskelkrankheit "Hypokaliämische Periodische Paralyse" diagnostiziert, die unter anderem dazu führte, dass ich mit dem Liverollenspiel eines meiner liebsten Hobbies aufgeben musste und selbst die Auftritte mit der Band mit großen Schmerzen und Anstrengung verbunden waren. Die Schwäche der Vel und Jaris' beflügelnde Fähigkeiten als Läufer im Zeichen des Windes sind ein sehr persönlicher Aspekt dieses Romans.

Weitaus größere Fragen, wie die einer langfristig funktionierenden Energieversorgung werden durch die phantastischen Möglichkeiten eines High-Fantasy Romans plötzlich aus ganz anderen Perspektiven beleuchtet, die hoffentlich helfen, manch einen von euch dazu anzuregen, sich mit den großen Fragen unserer Generation zu befassen, doch in diesem Blogpost will ich euch ein bisschen in die Welt eines Muskelkranken mitnehmen - in meinen Alltag.

Was also ist Hypokaliämische Periodische Paralyse? So ganz genau will ich mir nicht anmaßen, das erklären zu können, denn obgleich die Krankheit vor über zehn Jahren bei mir diagnostiziert wurde, bin ich kein Arzt. Generell gesprochen handelt es sich um eine erblich bedingte Stoffwechselkrankheit, die dazu führt, dass unter Schüben, die belastungs- und ernährungsabhängig auftreten, eine Lähmung der Muskeln eintritt. Das betrifft im Alltag vor allem den Rücken, die Beine und seltener die Arme oder die Finger. Letzteres ist für mich jedes Mal eine Katastrophe, weil ich inzwischen die meisten meiner Hobbies nur möglich sind, wenn ich Maus und Tastatur anständig bedienen kann.

Das war nicht immer so. Früher war ich weitaus aktiver, habe mit meiner Band Auftritte gespielt, Liverollenspiel Events veranstaltet, viele Konzerte und auch Festivals besucht. Ich war schon immer eher introvertiert, doch inzwischen bin ich alt genug, um reflektiert zu wissen, dass die Krankheit dafür gesorgt hat, dass ich einen doch recht sesshaften Lebensstil entwickelt habe. Der Grund dafür ist recht einfach: Die auftretenden Lähmungen sind nicht nur gefährlich - an schlechten Tagen kann ich nicht einmal die Treppen zu meiner Wohnung hinaufsteigen - sondern auch enorm schmerzhaft. Außerdem reichen oft kleinste Anstrengungen, um einen Schub auszulösen, Einkaufen im Supermarkt gehört unter anderem dazu.

Demnach können sich wohl einige von euch schon denken, dass die Vermeidung von Schmerz und Lähmung mir ein schöneres Leben beschert. Vielleicht sind diese Probleme auch ein Grund dafür, wieso es mir so viel bedeutet, phantastische Welten zu finden, in denen ich mich verlieren kann. Ich weiß allerdings auch, dass sich diese Faszination seit meiner frühsten Jugend hält, wo ich noch keine Komplikationen mit der Krankheit erlebt habe.

"Jenseits der Dächer" hat mir geholfen, diese Problematik Bestandteil meiner Welt werden zu lassen. Wer den Roman gelesen hat, dem sei gesagt, dass ich viel von mir selbst in Nemrass, Faolielle, Eskielle und den anderen Vel sehe, die unter der Schwäche leiden. Faradian hingegen ist ein Sinnbild für die Hoffnung, dass mein Leben in einer anderen Zeitlinie anders verlaufen wäre. Hypokaliämische Periodische Paralyse ist - wie die Schwäche der Vel - nicht heilbar. Es ist therapierbar, aber ein Heilmittel gibt es nicht. Oder - um es mit den Worten von Faradian auszudrücken:

"Kein Heilmittel, keinen Tee, den man ein paar Jahre lang jeden Morgen trinkt, und irgendwann ist es weg. Ich werde dort zum lebenden Forschungsobjekt. Man wird schauen, was klappt und was nicht."

Nicht, dass ich ein unglücklicher Mensch wäre. Im Gegenteil. Ich glaube, dass ich mit dem Rest meines Lebens bislang sehr viel Glück hatte, und bin froh, dass meine Lebensumstände mir inzwischen ein halbwegs schmerzfreies Leben ermöglichen. Vielleicht hätte ich meine Kreativität niemals so energisch verfolgt, wenn ich in der Lage gewesen wäre, wie Jaris durch die Straßen zu rennen - oder wie Mory zu einem Schrauber geworden wäre. Ich weiß es nicht - und ich will es auch gar nicht wissen, aber ein Teil von mir wird sich immer fragen, wie es gelaufen wäre, wäre ich gesund.

Aber es ist mein Glück, dass ich in einer Zeit geboren wurde, in der es mir möglich ist, Abenteuer und Aufregung zu erleben, ohne auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen. Viele von euch werden mit Behinderungen, Krankheiten oder anderen Einschränkungen zu kämpfen haben, die euch daran hindern, die Person zu sein, die ihr eigentlich sein wollt. So ging es mir auch lange, und wenn ich euch eins aus diesem Blogpost mit auf den Weg geben kann, dann möchte ich, dass ihr versucht, die Sache aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: Welche wundervollen Dinge habt ihr in eurem Leben gefunden, die euch Glück schenken, auf die ihr nie oder zumindest nicht in dieser Intensität aufmerksam geworden wärt, wärt ihr 'normal' - was auch immer das heißen mag?

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